Klassifizierung

Notiz: Dieser Artikel beschreibt die IFSC-Klassifizierung. Nationale Verbände können andere Systeme verwenden.

Behinderungen können sehr unterschiedlich sein und somit auch das Kletterniveau. Um einen fairen Wettkampf zu gewährleisten, werden Athleten in Startklassen eingeteilt, in denen dann Athleten mit einem ähnlichen Einschränkungsniveau gegeneinander antreten. Im Paraklettern gibt es aktuell 10 verschiedene Startklassen:

  • Sehbehinderte Startklassen (B1, B2, B3)
  • Amputiert (AU2, AU3, AL1, AL2)
  • Neurologische / physiologische Einschränkungen (RP1, RP2, RP3)

Bitte beachten: AU1 wurde mit dem Start der Saison im Jahr 2023 aufgelöst und klettert innerhalb der RP1-Klasse. Neu dafür seit 2023 ist AU3.

Mit der steigenden Zahl hinter der Startklasse sinkt das Niveau der Einschränkung. Das bedeutet, dass B1-Athleten komplett blind sind und mit einer Augenbinde klettern. B1 Athleten besitzen eine Sehschärfe von weniger als 2,6 LogMAR, während B2 Athleten noch eine Sehschärfe zwischen 1,5 und 2,6 LogMAR und/oder ein Sichtfeld von bis zu 10 Grad Durchmesser besitzen. B3 Athleten besitzen eine Sehschärfe zwischen 1,4 und 1,0 LogMAR und/oder ein Sichtfeld zwischen 10 und 40 Grad Durchmesser. Sehbehinderte Athleten haben zudem einen Guide am Boden, der ihnen Griffe und Bewegungen ansagt.

 

AU2: Unterarmamputation

AU1 Athleten haben nur einen funktionierenden Arm und klettern dynamisch. Präzise Fußarbeit ist notwendig, um den Körper günstig zu positionieren. (Bitte Notiz oben zu AU1 beachten!)

AU2 hat einen Arm mit einer Unterarmamputation, sodass der Athlet sozusagen anderthalb Arme zum klettern hat. Ihre Rechweite ist limitiert und Fingerlöcher oder Zangengriffe können mit dem eingeschränkten Arm nicht genutzt werden.

AU3 besitzt voll funktionsfähige Handgelenke und besitzt Einschränkungen lediglich im Bereich der Hand und/oder der Finger.

AL1 Athleten sitzem im Rollstuhl und haben keine Kontrolle über ihre untere Körperhälfte.

AL2 Athlet Thomas Meier (GER) mit Beinprothese (gestrecktes Bein)

Die Klasse AL2 hat eine Beinamputation – egal in welcher Höhe. Das einzige Mindestkriterium in dieser Startklasse ist das Fußgelenk darf nicht mehr vorhanden sein. Die Athleten können selbst entscheiden, ob sie mit oder ohne Prothese klettern wollen. Kletterstile sind sehr unterschiedlich je nachdem ob eine Prothese genutzt wird oder nicht. Wenn der Athlet keine Prothese nutzt, ist es ein Unterschied, ob die Amputation unter- oder oberhalb des Knies erfolgt, denn der Stumpf unterhalb des Knies kann spezielle Hooks ermöglichen, die es im überhängenden Gelände etwas leichter machen.

RP Athleten haben neuroligische oder physiologische Einschränkungen, die sehr unterschiedlich sein können. Einige Athleten aus niedrigeren RP-Klassen benötigen einen Rollsthul während andere durch andere Faktoren eingeschränkt sind (Beweglichkeit, Koordination, Kraft). Die Kletterstile unter RP Athleten sind generell sehr unterschiedlich. Es befindet sich hier ein viel breiteres Spektrum an Behinderungen, die gegeneinander antreten, als im Vergleich zu anderen Startklassen.

Der Routenbau muss den jeweiligen Startklassen entsprechend angepasst werden, weitere Informationen zu diesem Thema sind hier zu finden.

Wie werden Athleten klassifiziert?

Vor offiziellen IFSC Wettkämpfen finden medizinische Untersuchungen für neue Athleten statt. Während dieser Untersuchungen bringen die Athleten medizinische Attests und Dokumente begutachtet und der Athlet wird diversen Tests unterzogen, um dann die Startklasse zu bestimmen.

Wie kann ich an Wettkämpfen teilnehmen?

Nehmt Kontakt zum nationalen Verband auf und fragt, ob es Paraclimbing-Strukturen gibt und wie man daran teilnehmen kann.

Wer darf nicht teilnehmen?

  • Athleten mit einem Sichtfeld von mehr als 40 Grad Durchhmesser und/oder einer Sehschärfe von besser als 1,0 LogMAR.
  • Taube oder hörbehinderte Personen
  • Organtransplantierte Personen
  • Intelektuell behinderte Personen (bei IFSC Wettkämpfen! Nationale Formate können abweichen)

Jede Startklasse hat zudem eine fest definierte Mindestbehinderung, die erfüllt werden muss, um an den Wettkämpfen teilnehmen zu können.

Merging

Damit ein solider Wettkampf stattfinde, hat die IFSC Mindestzahlen für Athleten festgelegt, damit eine Startklasse starten kann. 4 Athleten aus 3 verschiedenen Ländern sind nötig, um bei einem Weltcup eine Klasse starten zu lasssen, 6 Athleten aus 4 Ländern bei Weltmeisterschaften. Wenn weniger Athleten für eine Startklasse gemeldet sind, wird diese nicht für den Wettkampf geöffnet und würde nicht daran teilnehmen dürfen.
Da ein unfairer Wettkampf aber besser als kein Wettkampf ist, geben die Regeln die Möglichkeit, verschiedene Klassen nach einem festgelegten Schema zusammen zu legen, damit mehr Teilnehmer vorhanden sind:

Es gibt trotzdem noch Schlupflöcher im Schema: Wenn B3 oder RP3 nicht genügend Athleten hat, aber die links davon im Schema liegende Klasse genügend Starter hat, werden B3 / RP3 nicht für den Wettkampf zugelassen. Probleme gibt es also immer auf der rechten Seite des Schemas, da es hier keine Startklasse mehr gibt, mit der sie zusammen gelegt werden könnten.
In solch einem Fall gibt es die Möglichkeit, als eigenständige Startklasse außerhalb der offiziellen Wertung zu starten.

Wenn wir in die Statistiken blicken, sehen wir ganz klar, dass das Merging Schema oft benötigt wird – auch trotz Wachstum in den letzten Jahren: In Theorie hätten wir 20 Startklassen, wenn alle die Mindestanforderungen erfüllen würden. Die Weltmeisterschaft in Innsbruck 2018 hatte 12 Startklassen und Medaillensätze, die WM 2019 in Briançon hatte 14 Medaillensätze. Es gibt also noch einigen Platz in unseren Klassen …